Systemischer Umgang mit Glaubenssätzen
Viele
Menschen in meinem Umfeld befassen sich mit dem Thema persönliche
Glaubenssätze.
Durch die Kommunikation über erlebte Verhaltensmuster bei sich selbst oder anderen, können Verhaltensweisen als veränderbar und als eine von mehreren möglichen Handlungsalternativen gesehen.
Es geht um Gedankenmuster die in einer bewussten Selbstbeobachtung im
Alltag erkannt werden.
Ebenfalls
sind Glaubenssätze auch in meiner pädagogischen Arbeit immer wieder
ein Thema. Selbstzuschreibungen und daraus resultierende
Verhaltensmuster können entwicklungshemmende Wirkungen generieren.
Glaubenssätze
beeinflussen also das Verhalten. Sie fördern oder hemmen die
Entwicklung/Entfaltung der Persönlichkeit.
Glaubenssätze
entstehen oft durch Prägung in der Kindheit oder durch prägnante
Erlebnisse.
An
dieser Stelle möchte ich einen systemischen Umgang mit
Glaubenssätzen aufzeigen. Es geht um die Themen: Kybernetik zweiter
Ordnung, So-tun-als-ob-Methode, Systemische Zukunftsfragen,
Wunderfragen, Konstruktivismus, Ressourcenbenennung und Fantasie.
Zunächst
müssen Gedankenmuster (oft größte Indikatoren für Glaubenssätze),
erkannt werden. Hier ist die eigene bewusste Wahrnehmung und
Selbstbeschreibung dessen, was man tut und denkt, gefragt.
Besonders
routinierte Alltagshandlungen eignen sich als Beobachtungsfeld. Was
und wie tue ich die Dinge, die ich fast jeden Tage tue? Etwa während
der Zeit morgens im Badezimmer, mit mir alleine.
Werden
wiederkehrende Gedanken und Handlungsabläufe erkannt, die
möglicherweise selbst als belastet empfunden werden, aber der Weg
aus diesen Verhaltensmustern noch nicht gefunden wurde, kann an
dieser Beschreibung (Konstruktion)angesetzt werden.
Beispiel:
Es wird wiederholt gedacht: „Gäste sollen einen guten
Eindruck von mir und meinem Zuhause erhalten.“
„Ich
bemühe mich, einen hohen Lebensstandard zu repräsentieren, damit
andere mir Anerkennung zollen, für meine Art zu Leben.“
„Ich
möchte nichts falsch machen, weil ich Konfrontationen mit negativen
Konsequenzen vermeide.“
Soweit
normale Gedanken und sie können das Verhalten entwicklungsfördernd
leiten, indem die gefühlte Konkurrenzsituation zu Leistungen mit
Ressourcengewinn antreibt.
Nun
kann eine Methode der Selbstbefragung ermöglichen, Glaubenssätze
auf ihre Qualität zu prüfen und die Auslebung dieser Gedankenmuster
kritisch zu hinterfragen, einzuschätzen und die Handlungsfähigkeit,
durch die erweiterte Sichtweise, zu erhöhen.
Methode:
Führe den Glaubenssatz ins Extreme!
Extrem:
die Auslegung diese Wortes ist vielfältig denkbar. Eine jeweilige
Erklärung zu der Ausführung, kann den systemischen Rahmen erkennbar
machen.
Ich
führe eine Interpretation eines Glaubenssatzes, aufgrund der oben
genannten Gedankenbeispiele, in eine extreme Verhaltensrichtung aus:
„Es
ist mir unerträglich, dass andere schlecht über mich denken
könnten.“
Welche
extremen Verhaltensweisen basierend auf diesen Gedankenbeispiel
können das Leben beeinträchtigen?
Zunehmender
Verlust der eigenen Persönlichkeit, durch
den Verzicht auf alles, was „einen schlechten Eindruck“ machen
könnte. Persönliches (Gedanken und Gegenstände) wird versteckt und
das Leben wird dekoriert, in
Erzählungen und in der persönlichen Umgebung.
Enorm
viel Zeit kann für diese Inszenierung investiert werden und andere
Interessen werden zurückdrängt.
Denken
Sie andere Glaubenssätze ins Extreme:
„Ich
muss immer Leistung zeigen“
„Nur
schlank bin ich attraktiv und anerkannt“
„An
meinem Auto erkennt man, ob ich es 'geschafft' habe“
„Wenn
mein Kind schlecht in der Schule ist, denken andere ich bin eine
schlechte Mutter“
(Fortsetzung
folgt)
Unterschiedliche
Glaubenssätze zu einem ähnlichen Sachverhalt:
Beispiel:
Fallberichte in einer sozialen Einrichtung möglichst zeitnah
geschrieben haben.
Glaubenssatz
A: „Ich muss eigentlich noch so viel schreiben, ich schaff das
nicht, es ist so viel, ich habe keine Lust“
Hier
ist eine Wiederwilligkeit mit schlechtem Gewissen kombiniert und
sorgt so für einen inneren Konflikt. Es kommen negative Gefühle
auf, da weder der Zustand des Schreibens, noch der des Unterlassen,
als attraktiv angesehen wird.
Auf
diese Weise braucht dieser Konflikt viel Energie für ein
ausbleibendes Ergebnis und einem schlechten Gefühl.
Noch
extremer: Die Gedankengänge werden immer häufiger, wenn der Druck
der Außenwelt durch das Aufschieben erhöht wird.
Das
negative Selbstgefühl wird verstärkt, wenn dennoch keine
Verhaltensänderung eintritt. Durch die abwertende Eigenbeschreibung
fühlt sich der Mensch unterlegen und isoliert sich immer weiter. Er
kann nichts geben, da er
nichts mehr in sich sieht. Die Angst vor Überforderung und die
Vermeidung von Konfrontationen mit sich selbst führen letztendlich
zu Depressionen und Selbstmord.
Glaubenssatz
B: „Ich gebe mein Bestes die Berichte pünktlich abzugeben. Ich
habe hin und wieder auch einen Engpass und gebe Unterlagen verspätet
ab oder verschiebe einen Termin. Meine Umwelt kann dies meistens
entschuldigen, oder beruhigt sich wieder, weil ich sonst verlässlich
gute Arbeit abliefere.“
Dieser
Glaubenssatz hat eine enorm entlastende und selbst wertschätzende
Wirkung. Konsequenzen auf eigene Fehler werden nicht dramatisiert,
sondern als zum Leben dazugehörend anerkannt
und integriert.
Durch
diesen Glaubenssatz erhöht sich die persönliche Handlungsfreiheit
und der Alltag kann ein Stück weit flexibler gestaltet werden. Er
bietet Spielraum für eine bewusste Prioritätensetzung, wenn
beispielsweise familiäre Ereignisse in Phasen besondere Aufmerksam
erfordern.
Gleichzeitig
fördert dieser Glaubenssatz die Gelassenheit mit den Fehlern von
anderen.
Langfristig
ist die Selbstreflexion über das Gelingen der Gratwanderung nötig.
Zu viele Versäumnisse führen zu Vernachlässigung von
Verantwortlichkeiten. Negative Konsequenz kann eine Veränderung des
Verhaltens des sozialen Systems zur Folge haben.
Im
folgenden Link sind eindrucksvoll „typische“ Glaubenssätze von
Frauen parodiert und aufgedeckt:
27.01.16
Florian Schroeder