Mittwoch, 27. Januar 2016

Systemischer Umgang mit Glaubenssätzen

Systemischer Umgang mit Glaubenssätzen




Viele Menschen in meinem Umfeld befassen sich mit dem Thema persönliche Glaubenssätze.
Durch die Kommunikation über erlebte Verhaltensmuster bei sich selbst oder anderen, können Verhaltensweisen als veränderbar und als eine von mehreren möglichen Handlungsalternativen gesehen.
Es geht um Gedankenmuster die in einer bewussten Selbstbeobachtung im Alltag erkannt werden.
Ebenfalls sind Glaubenssätze auch in meiner pädagogischen Arbeit immer wieder ein Thema. Selbstzuschreibungen und daraus resultierende Verhaltensmuster können entwicklungshemmende Wirkungen generieren.

Glaubenssätze beeinflussen also das Verhalten. Sie fördern oder hemmen die Entwicklung/Entfaltung der Persönlichkeit.

Glaubenssätze entstehen oft durch Prägung in der Kindheit oder durch prägnante Erlebnisse.

An dieser Stelle möchte ich einen systemischen Umgang mit Glaubenssätzen aufzeigen. Es geht um die Themen: Kybernetik zweiter Ordnung, So-tun-als-ob-Methode, Systemische Zukunftsfragen, Wunderfragen, Konstruktivismus, Ressourcenbenennung und Fantasie.

Zunächst müssen Gedankenmuster (oft größte Indikatoren für Glaubenssätze), erkannt werden. Hier ist die eigene bewusste Wahrnehmung und Selbstbeschreibung dessen, was man tut und denkt, gefragt.
Besonders routinierte Alltagshandlungen eignen sich als Beobachtungsfeld. Was und wie tue ich die Dinge, die ich fast jeden Tage tue? Etwa während der Zeit morgens im Badezimmer, mit mir alleine.

Werden wiederkehrende Gedanken und Handlungsabläufe erkannt, die möglicherweise selbst als belastet empfunden werden, aber der Weg aus diesen Verhaltensmustern noch nicht gefunden wurde, kann an dieser Beschreibung (Konstruktion)angesetzt werden.

Beispiel: Es wird wiederholt gedacht: „Gäste sollen einen guten Eindruck von mir und meinem Zuhause erhalten.“
Ich bemühe mich, einen hohen Lebensstandard zu repräsentieren, damit andere mir Anerkennung zollen, für meine Art zu Leben.“
Ich möchte nichts falsch machen, weil ich Konfrontationen mit negativen Konsequenzen vermeide.“

Soweit normale Gedanken und sie können das Verhalten entwicklungsfördernd leiten, indem die gefühlte Konkurrenzsituation zu Leistungen mit Ressourcengewinn antreibt.

Nun kann eine Methode der Selbstbefragung ermöglichen, Glaubenssätze auf ihre Qualität zu prüfen und die Auslebung dieser Gedankenmuster kritisch zu hinterfragen, einzuschätzen und die Handlungsfähigkeit, durch die erweiterte Sichtweise, zu erhöhen.

Methode: Führe den Glaubenssatz ins Extreme!
Extrem: die Auslegung diese Wortes ist vielfältig denkbar. Eine jeweilige Erklärung zu der Ausführung, kann den systemischen Rahmen erkennbar machen.

Ich führe eine Interpretation eines Glaubenssatzes, aufgrund der oben genannten Gedankenbeispiele, in eine extreme Verhaltensrichtung aus:

Es ist mir unerträglich, dass andere schlecht über mich denken könnten.“

Welche extremen Verhaltensweisen basierend auf diesen Gedankenbeispiel können das Leben beeinträchtigen?
Zunehmender Verlust der eigenen Persönlichkeit, durch den Verzicht auf alles, was „einen schlechten Eindruck“ machen könnte. Persönliches (Gedanken und Gegenstände) wird versteckt und das Leben wird dekoriert, in Erzählungen und in der persönlichen Umgebung.
Enorm viel Zeit kann für diese Inszenierung investiert werden und andere Interessen werden zurückdrängt.

Denken Sie andere Glaubenssätze ins Extreme:

Ich muss immer Leistung zeigen“

Nur schlank bin ich attraktiv und anerkannt“

An meinem Auto erkennt man, ob ich es 'geschafft' habe“

Wenn mein Kind schlecht in der Schule ist, denken andere ich bin eine schlechte Mutter“

(Fortsetzung folgt)

Unterschiedliche Glaubenssätze zu einem ähnlichen Sachverhalt:

Beispiel: Fallberichte in einer sozialen Einrichtung möglichst zeitnah geschrieben haben.

Glaubenssatz A: „Ich muss eigentlich noch so viel schreiben, ich schaff das nicht, es ist so viel, ich habe keine Lust“

Hier ist eine Wiederwilligkeit mit schlechtem Gewissen kombiniert und sorgt so für einen inneren Konflikt. Es kommen negative Gefühle auf, da weder der Zustand des Schreibens, noch der des Unterlassen, als attraktiv angesehen wird.
Auf diese Weise braucht dieser Konflikt viel Energie für ein ausbleibendes Ergebnis und einem schlechten Gefühl.

Noch extremer: Die Gedankengänge werden immer häufiger, wenn der Druck der Außenwelt durch das Aufschieben erhöht wird.
Das negative Selbstgefühl wird verstärkt, wenn dennoch keine Verhaltensänderung eintritt. Durch die abwertende Eigenbeschreibung fühlt sich der Mensch unterlegen und isoliert sich immer weiter. Er kann nichts geben, da er nichts mehr in sich sieht. Die Angst vor Überforderung und die Vermeidung von Konfrontationen mit sich selbst führen letztendlich zu Depressionen und Selbstmord.

Glaubenssatz B: „Ich gebe mein Bestes die Berichte pünktlich abzugeben. Ich habe hin und wieder auch einen Engpass und gebe Unterlagen verspätet ab oder verschiebe einen Termin. Meine Umwelt kann dies meistens entschuldigen, oder beruhigt sich wieder, weil ich sonst verlässlich gute Arbeit abliefere.“

Dieser Glaubenssatz hat eine enorm entlastende und selbst wertschätzende Wirkung. Konsequenzen auf eigene Fehler werden nicht dramatisiert, sondern als zum Leben dazugehörend anerkannt und integriert.
Durch diesen Glaubenssatz erhöht sich die persönliche Handlungsfreiheit und der Alltag kann ein Stück weit flexibler gestaltet werden. Er bietet Spielraum für eine bewusste Prioritätensetzung, wenn beispielsweise familiäre Ereignisse in Phasen besondere Aufmerksam erfordern.
Gleichzeitig fördert dieser Glaubenssatz die Gelassenheit mit den Fehlern von anderen.

Langfristig ist die Selbstreflexion über das Gelingen der Gratwanderung nötig. Zu viele Versäumnisse führen zu Vernachlässigung von Verantwortlichkeiten. Negative Konsequenz kann eine Veränderung des Verhaltens des sozialen Systems zur Folge haben.

Im folgenden Link sind eindrucksvoll „typische“ Glaubenssätze von Frauen parodiert und aufgedeckt:

27.01.16 Florian Schroeder

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen